Unsere Serie ”Das Jahr mit dem Winzer” endet mit der diesjährigen Weinlese, die nach genau sechs Wochen diese Woche beendet wird. Die drei Pressen sind in den letzten Durchläufen und werden in den nächsten zwei, drei Tagen gereinigt und zur Seite gestellt werden – bis zum nächsten Herbst. Ungefähr 440.000 Kilo Trauben aus insgesamt 40 ha Weinbergen wurden zu 80% mit dem Vollernter und zu 20% an 30 Handlesetagen geerntet und anschließend verarbeitet. Christian Nett spricht von der größten Gesamtmenge, die jemals im Weingut Bergdolt-Reif & Nett geherbstet wurden. Aufgrund des Peronospora-Befalls im Juni und dem damit zu erwartenden Ernteausfall von rund 30 %, hatte er sich um zusätzliche Pachtflächen zu den eigenen 31 ha bemüht. Der Spätsommer lieferte jedoch fantastische Bedingungen und minderte damit den tatsächlichen Ausfall am Ende, was letztlich zur größeren Gesamtmenge führte.

Familie Nett bei der Handlese © Weingut BR-Nett
Im Keller gären nun rund 75 % Weiß- und 25 % Rotweine. Der Kreislauf beginnt hier jetzt wieder von vorne, als nächstes stehen die Jungweinproben an. Das kann man in unseren vergangenen Beiträgen nachlesen, die mit dem November 2015, direkt nach der Lese, begannen.
Momentaufnahmen während meiner Besuche im Oktober im Weingut zeigen Auszüge zur Rotweinherstellung, die zwei alternative Verfahren bei der Gärung veranschaulichen:
Die Maische für den ”Paranoia” wurde im Stahltank umgepumpt, während die anderen Sorten jeweils in Gärbottichen untergetoßen wurden. Unterschiedliche Methoden zur Erzielung verschiedener Weinstile also.
Beim Gärvorgang steigt der Maischekuchen durch die Kohlensäurebildung nach oben und legt sich wie ein Hut über den Most. Beim Umpumpen im großen Tank wird nun der Saft dreimal täglich von unten abgezogen und wieder nach oben gepumpt, wo er über den Tresterhut läuft und diesen somit feucht hält. Bei dem Vorgang lässt der Winzer den Saft zusätzlich über eine Box laufen, bevor er nach oben gepumpt wird. Damit erzeugt er eine noch bessere Belüftung, was störende Geruchsbildungen vermeidet – so die Beobachtung des Weinmachers. Beim Umpumpen im großen Tank (6000-8000 l) werden kaum Gerbstoffe extrahiert, da die Schalen nicht weiter gedrückt werden. Der Vorgang dauert bei diesem konkreten Wein 8-10 Tage, bei einer Temperatur von maximal 28-30 °C. „Paranoia“, ein Wein, der jung zu trinken ist und unkomplizierte Trinkfreude mitbringt.
Draußen im Lager stehen 79 Gärboxen à 350 l, in denen der Maischekuchen täglich dreimal von Hand mit einem Stößel untergestoßen wird. Das ist eine schonende Art, bei der die Traubenschalen nur leicht angedrückt werden und damit weitere Tannine an den Wein abgeben. Die Bläschen zeigen, dass der Gärvorgang begonnen hat. Die Dauer der Gärung hängt mit der Temperatur zusammen. Im September, wenn es noch wärmer ist, geht es schneller als jetzt, bei den letzten Trauben, die kalt vom Weinberg kommen und auch in einer kühleren Außentemperatur verarbeitet werden. Auch hängt es davon ab, wieviel ° Oechsle der Most hat, was zwischen 70 und 100 ° variieren kann und damit entsprechend mehr oder weniger Zucker zu vergären ist. Während des Vorgangs nimmt die Kohlensäure ab, das Umstoßen fällt leichter. Am Ende steigt der Maischekuchen nicht mehr nach oben, die Gärung ist beendet. Im Schnitt liegen die Rotweine bei Netts ein bis zwei Wochen auf der Maische, bis sie komplett vergoren sind.
Gibt es einen Wein, der eine besondere Behandlung genießt, frage ich den Winzer. Dazu schaut man sich am besten das Video zum ”Herzschlag” an, lautet die Antwort. Also Bitteschön:
Die Weine der Vorjahre konnte der Weinfreund am Wochenende bei der diesjährigen Rotweinverkostung im Weingut entdecken. Auch das die letzte Probe in den alten Räumen, man darf sich auf die im nächsten Jahr freuen.
Wir treffen Christian im Hof und er ist sehr erleichtert darüber, dass der Herbst und damit die intensive Anspannung vorbei ist. Die Aussicht auf einen wesentlich einfacheren Ablauf im nächsten Jahr im Neubau, mit viel mehr Platz und Freiheit, lässt ihn vor Vorfreude lächeln. Ansonsten lächelt er den Rest der Woche bei den verschiedenen Präsentationsveranstaltungen, zu denen er in Deutschland unterwegs sein wird. Nach der Lese ist vor dem Weihnachtsgeschäft. Gas geben. Weiterhin das Thema im Weingut BR-Nett.
Danke, lieber Christian, dass ich dich und euch begleiten durfte und du so offen jede Frage beantwortet hast. Auch habe ich unter anderem erfahren, wie wichtig „Glaube Liebe Hoffnung“ ist, wenn die „Paranoia“ einsetzt und den „Herzschlag“ schneller werden lässt… Es war ein spannendes Jahr! Ich werde unsere regelmäßigen Gespräche und Treffen vermissen, habe mich an dich und euch alle gewöhnt in der Zeit. Alleine aus weiblicher Neugier werde ich natürlich sowieso den Neubau verfolgen müssen und sicherlich komme ich hin und wieder bei euch vorbei. Derweil stoße ich mit „Reese van Ling“ auf euch an.
Das, liebe Leser, gilt auch für Sie und Euch. Willkommen ist man im Weingut Nett in Duttweiler tatsächlich immer.
Der gesamten Familie Nett für die Zukunft alles erdenklich Gute!
Das Jahr mit dem Winzer, alle Beiträge hier lesen.
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