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Ein Wein entsteht: 2017 Gimmeldinger Schlössel, Tag 1

Neue Serie: Tagebuch eines Weines – von der Traubenlese bis zur Abfüllung.

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2015 Gimmeldinger Schlössel, Weingut Ohler © pfalzweinproben.de

Der Riesling trocken aus dem Gimmeldinger Schlössel vom Weingut Johann F. Ohler zählt bereits seit einigen Jahren zu unseren Favoriten. Mein 97 Jahre alter Schwiegervater sagt nur „bringt den Gimmeldingen mit“, wenn wir nach Schweden fahren. Auch bei Freunden – hier daheim und in Schweden – erfreut er sich großer Beliebtheit. Ein Garant sozusagen. Grund genug, endlich genau zu erfahren, wie er von der Traube am Weinstock zum frischen, guten Tropfen in der Flasche mutiert.

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18.9.2017 Rieslinglese im Gimmeldinger Schlössel © pfalzweinproben.de

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Weinlese Weingut Ohler Gimmeldinger Schlössel © pfalzweinproben.de

Tag 1. 18.9.2017, 8:10 Uhr beginnt die Lese in der Weinlage Gimmeldinger Schlössel. Das Wetter wechselt zwischen sonnig und grau-bewölkt, es weht eine frische Brise. Aber es bleibt trocken, mit Temperaturen im Tagesverlauf um die 13 – 17° C. Leider brachten die vergangenen Tage mehr Regen als erwünscht, die Trauben müssen deshalb nun zügig geerntet werden. Eine Vorlese gab es im Schlössel dieses Mal nicht (bei anderen Weinen aber schon). Die Mannschaft ist rechtzeitig zur Stelle, manche sind neu dabei und neben der Chefin selbst, sieht auch die ‚dienstälteste‘ Helferin (seit 45 Jahren) zu, dass korrekt gearbeitet wird. Bei der Lese werden die von Botrytis angegriffenen Beeren sorgfältig aussortiert. Winzerin Sabine Ohler-Jost sieht die Lage gelassen, da sich der Anteil schlechter Trauben zum Glück in Grenzen hält und der Ertrag mengenmäßig dieses Jahr sehr gut aussieht.

Wie im Weingut Ohler üblich, wird alles von Hand gelesen. Dabei kommen die Guten ins Töpfchen… in diesem Fall in den Eimer und von da in die Boxen. Diese wiederum werden vorsichtig bis unterhalb des Randes gefüllt, beim Aufeinanderstapeln sollen die Beeren nicht verletzt werden. Auf die Trauben in der Box werden nun Enzyme gesprüht, die für bessere Pressbarkeit sorgen, die Viskosität des Saftes senken und für eine bessere Sedimentation sorgen.

Die Boxen werden dann mit dem Traktor unverzüglich ins Weingut gebracht, während das Leseteam keine Zeit verliert und fleißig die nächsten Kisten füllt.

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Rieslingtrauben Gimmeldinger Schlössel © pfalzweinproben.de

Im Hof werden die Trauben direkt nach ihrer Ankunft unter prüfendem Blick der Chefin in die Maischeschnecke gekippt, wo sie unter geringer Zugabe von Schwefelpulver leicht angequetscht werden und dann mittels eines dicken Schlauchs in die Presse gelangen. Dort liegt die Maische – das Gemisch aus Beeren, Stielen und Saft – durchschnittlich ca. vier Stunden.

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© pfalzweinproben.de

Die Pressung erfolgt schonend und dauert rund zwei Stunden. Der frische Traubenmost wird danach in den Vorklärtank gepumpt, wo er über Nacht stehen wird, bis sich die  Trübstoffe im Tank unten absetzen. Dabei wird diesem Wein ein veganes Mittel aus Erbsenprotein zur Bindung der Trübstoffe beigegeben.

Nun wird etwas vom Saft abgenommen, um das Mostgewicht zu messen: 88° Oechsle – perfekt! Sabine Ohler ist zufrieden, für den gewünschten Weintyp des Schlössels sind die daraus zu erwartenden 12-12,5 % Alkohol optimal. Jetzt müssen wir nur noch probieren. Süß und lecker…. Mein erster Schluck vom 2017er Gimmeldinger Schlössel!

Inzwischen ist es 21:00 Uhr. Alle 100 Boxen, ungefähr 2000 kg Trauben aus dem Schlössel sind komplett gepresst. Der erste Vorklärtank zeigt bereits klaren Saft, mit den am Boden abgesetzten Trübstoffen. Der Gimmeldingen macht sich…

Der Trester, die Reste der gepressten Trauben, wird aus der Presse geholt und kommt demnächst raus in den Weinberg. Morgenfrüh wird der Saft vom Trub abgezogen, eventuell wird filtriert. Doch davon berichten wir morgen.

Es ist 23:30. Ich hole meinen Sohn am Bahnhof ab und komme dabei nochmal am Weingut vorbei. Der Hof ist noch offen, die Lichter brennen, die Winzerin arbeitet noch…

Und ich habe vergessen, sie nach dem PH-Wert zu fragen. Morgen…

Gute Nacht.